3.4 Die Keplersche Fassregel

3.4.1 Johannes Kepler

Johannes Kepler wurde am 27.12.1571 in Weil geboren. Zu Lebzeiten war er als Astronom und Mathematiker tätig. Kepler stammte aus be­scheidenen Verhältnissen. 1583 legte er das „Landexamen“ ab, was ihm die Berechtigung verschaffte, ein Theologiestudium als Stipendiat zu absolvieren. Er besuchte 1584 die Klosterschule in Adelberg und 1586 in Maulbronn und bezog 1589 die Universität Tübingen, um dort ev. Theologie zu studieren. Sein wichtigster Lehrer war der Mathematiker und Astronom Michael Maestlin (Geb. 1550, gest. 1631), der ihn mit dem kopernikanischem Weltbild vertraut machte. 1594 ging Kepler als „Lehrer der Mathematik und Moral“ an die ev. Stiftschule nach Granz. Zugleich wurde er Mathematiker der Landesregierung und erstellte in dieser Eigenschaft Kalender. 1600 wurde er mit seiner Familie aus Granz vertrieben (Gegenreformation) und siedelte nach Prag über, wo er später (um 1601) kaiserlicher Mathematiker Rudolfs II. wurde. Keplers wichtigster Beitrag zur Mathematik ist die „Nova stereometria doliorum vinariorum“ („Neue Stereometrie der Fässer“) aus dem Jahre 1615, in der er Flächen und Volumen mit Hilfe von Indivisiblilien berechnete (Keplersche Fassregel). Weitere Werke Keplers sind die Keplerschen Gesetze und andere.

Johannes Kepler verstarb am 15.11.1630 in Regensburg28 

3.4.2 Die Keplersche Fassregel

Ziel der Keplerschen Fassregel ist es, mit wenig Aufwand eine krummlinig begrenzte Fläche im Intervall zu Berechnen. Dazu soll diese Funktion durch eine Parabel ersetzt werden, die den Funktionsgraphen an drei Stellen berührt.29 

Um die Fläche dieser Parabel im Intervall zu berechnen, bilden wir zunächst die Aufleitung. Anschließend wird diese Aufleitung so weit wie möglich umgeformt:

30       ausklammern!

          ausklammern!

           Klammern auflösen!

Rein rechnerisch kann man nun zunächst nichts mehr machen. Da diese Formel jedoch im­mer noch zu aufwendig ist (der Parameter ist nicht bekannt), versuchen wir nun diese For­mel soweit abzuändern, dass dennoch das oben genannte Ziel erreicht wird.

Ein Funktionswert der Parabel ergibt sich aus dem Term . Für die Keplersche Fassregel werden 3 Funktionswerte ( oder ) benötigt. Diese 3 Punkte () sind in der eckigen Klammer enthalten. Also liegt es nahe, den Inhalt der Klammer so umzuordnen, dass die benötigten Funktionswerte leicht abzulesen sind. Da wir wissen, das der 1. Funktionswert vom Parameter abhängig ist und der 3. vom Parameter muss der 2. folglich von beiden Parametern abhängig sein.

31 

Da die Funktionswerte von an den Stellen , und sein sollen, lautet die Keplersche Fassregel wie folgt:

Siehe Mangoldt, Knopp – Höhere Mathematik,
Band Drei, Auflage 15, Seite 176
Keplersche Fassregel32

Außer dieser Herleitung gibt es noch andere Methoden, um die Keplersche Fassregel herzu­leiten. Wenn man z. B. bei der Simpsonregel (siehe Punkt 3.3.3!) für einsetzt, so gelangt man ebenfalls zu dieser Regel:

          , da hier bei der Keplerschen Fassregel die Fläche in 2 Teile Aufgeteilt wird

Vergleicht man dieses Ergebnis nun mit der Keplerschen Fassregel, so sieht man, dass sie identisch sind!




28 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, 19. Auflage, F. A. Brockhaus, Mannheim 1990, Seite 601f
29 Vgl. Mangoldt, Knopp - Höhere Mathematik, Band Drei, Auflage 15, Seite 175
30 Vgl. Mangoldt, Knopp - Höhere Mathematik, Band Drei, Auflage 15, Seite 175
31 Vgl. Mangoldt, Knopp - Höhere Mathematik, Band Drei, Auflage 15, Seite 175
32 Vgl. Mangoldt, Knopp - Höhere Mathematik, Band Drei, Auflage 15, Seite 176

 
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