3.3 Die Simpsonregel

3.3.1 Thomas Simpson

Thomas Simpson wurde am 20.08.1710 in Market Bosworth in England geboren. Obwohl er ursprünglich Weber war, wurde sein Interesse an Mathematik durch ein Selbststudium ge­weckt. Er war ab 1743 Professor an der Militärakademie in Woolwich. In seinem Leben verfasste er mehrere Lehrbücher. Darunter u. a. über Algebra, Geometrie und I. Newtons Fluxi­onsrechnung. Er verstarb 14.05.1761.15 

3.3.2 Die Mittentangentenregel

Diese Regel wird für die Herleitung der Simpsonregel verwendet. Dies ist jedoch nur eine Möglichkeit, die Simpsonregel herzuleiten. Eine andere besteht in der Verwendung der Keplerschen Fassregel. Ich habe mich jedoch für die Mittentangentenregel entschieden, weil ich sie mir selber leichter verständlich machen konnte.

Ähnlich wie beim Trapezverfahrens soll hier eine krummlinig begrenzte Fläche im Intervall näherungsweise durch Addition von gleich breiten Trapezflächen parallel zur y-Achse berech­net werden. Jedoch soll hier eine Trapezseite jeweils an jeder zweiten Stützstelle Tangente des Funktionsgraphen sein.16 

Zunächst unterteilt man das Intervall in Teile der gleichen Breite wobei hier für eine gerade natürliche Zahl stehen soll. Anschließend zeichnet man an jeder Stützstelle mit ungeradem Index () eine Tangente an den Graphen.17 Die Enden der Tangente liegen jeweils an der Stützstelle vor und nach dieser Stützstelle. Hierdurch erhält man Trapeze, die ein wenig über den Funktionsgraphen hinausgehen (siehe Abb. 4) Daraus kann man ersehn, dass die Mittentangentenregel sehr ungenau ist, obwohl sie zum großen Teil auf dem Trapezverfahren beruht. Diese Ungenauigkeit beruht auch darauf, das die Fläche dieser Trapeze nicht mehr mit , sondern mit berechnet wird. Die Breite dieser Flächen beträgt, wie in der oberen Zeichnung zu sehen ist , da eine Seite der Fläche immer über eine Stützstelle (über ) hinausgeht. Die Funktionswerte werden jeweils an der Stützstelle berechnet, bei dem der Index ungerade ist. Es macht hier also keinen Sinn, den Funktionswert an jeder Stützstelle zu berechnen, weil man damit nicht die Eckpunkte des Trapezes berechnen kann. Dies ist auch der Grund, warum man die Fläche nicht mit berechnen kann.

Addiert man hier jetzt die Flächen aller Trapeze, so erhält man den Näherungswert

Vgl. Kusch Mathematik – Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000,
Seite 200
Mittentangentenregel
18

3.3.3 Simpsonregel unter Verwendung der Mittentangentenregel und des Trapezverfahrens

Gegeben sei die Funktion . Berechnet man das Integral im Intervall durch den gemeinsamen Grenzwert von Ober- und Untersumme, so erhält man als Ergebnis:

19 

Nun soll dieser Wert mit den Ergebnissen aus der Anwendung der Trapezregel und der Mit­tentangentenregel verglichen werden, wobei die Fläche immer in 10 gleichgroße Teile zerlegt werden soll.

Anmerkung: Für beide Regeln gilt

Ergebnis der Trapezregel:

                 20 

21 
                        

Ergebnis der Mittentangentenregel:

22 
                                   

Vergleicht man nun die beiden Ergebnisse mit dem genauen Integral, so stellt man fest, das die Trapezregel um ungef. 0,00295 (0,27%) und die Mittentangentenregel um ungef. 0,005755 (0,53%) abweicht.23 

Auch fällt auf, dass das Ergebnis der Trapezregel über und das Ergebnis der Mittentangenten­regel unter dem Wert der Flächenmaßzahl liegt. Es währe daher interessant, herauszufinden, ob das arithmetische Mittel beider Regeln ein genaueres Ergebnis bringt. Um das vermu­tete Ergebnis noch zu verfeinern, sollte die Trapezregel mit einer doppelten Gewichtung in den Mittelwert eingehen, da sie doppelt so genau ist wie die Mittentangentenregel.24 

25

Diese Regel wird auch als Simpsonische Regel bezeichnet.

 Vgl. Kusch Mathematik – Integralrechnung, 6.
Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 203
Simpsonische Regel26

Vergleicht man nun das Ergebnis der Simpsonischen Regel mit den beiden vorherigen, so er­hält man ein viel genaueres Ergebnis:

=1,089699

Die Abweichung vom genauen Integral beträgt hier nur noch 0,008%! Eine andere Möglich­keit, um zur Simpsonischen Regel zu gelangen, liegt in der mehrmaligen Anwendung der Keplerschen Fassregel (3.4.2).27 


Simpsonische Regel

Wenn man nun diese beiden Regeln miteinander vergleicht, so stellt man fest, dass beide mit­einander identisch sind! Man arbeitet also bei der Simpsonischen Regel auch mit Parabeln!

Anwendung:

Zunächst unterteilt man das Intervall in -Teile der gleichen Breite. Eine Parabel (höchstens 2. Grades!) soll hier genauso wie bei der Keplerschen Fassregel den Funktionsgraphen an drei Stellen () berühren, die jeweils über den Stützstellen  liegen. Das heißt, das die Schnittpunkte von Parabel und Funktionsgraph immer über den Stützstellen liegen. Eine direkt unterm Scheitelpunkt, und die anderen jeweils links und rechts davon. Die Strecke zwi­schen der linken und der rechten Stützstelle beträgt jeweils .

Zur Veranschaulichung sei dies hier noch mal in einer Zeichnung dargestellt:


Abb. 5 – Simpsonische Regel


15 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie Band 20, 19. Auflage, F. A. Brockhaus, Mannheim
16 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 200
17 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 200
18 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 201
19 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 198
20 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 199 (Beispiel)
21 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 199 (Beispiel)
22 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 202 (Beispiel)
23 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seiten 200 und 202
24 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 202
25 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 203
26 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000, Seite 203
27 Vgl. F. Reinhard/H. Soeder, dtv-Atlas zur Mathematik Band 2, 6. Auflage, Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 340

 
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