4. Vergleich der Integrationsverfahren

Gegeben sei die Funktion . Diese soll nun mit allen oben angeführten Integrationsverfahren im Intervall integriert werden. Anschließend soll der Aufwand so­wie die Genauigkeit der einzelnen Verfahren beurteilt werden. Der genaue Flächeninhalt ist 33.

Hinweis: Die genauen Rechnungen zu den Ergebnissen sind im Anhang zu finden.

 

4.1. Rechteckverfahren und Keplersche Fassregel

Rechteckverfahren. Wendet man diese Methode (Ober- und Untersumme) auf die oben ge­nannte Funktion an, so gelangt man zu folgenden Ergebnissen:

Untersumme Obersumme:

Wie hier auffällt, wiedersprechen die Ergebnisse der Aussage, die unter Punkt 3.1 gemacht wurde. Hier ist die Untersumme größer als die Obersumme. Vergleicht man die Funktions­graphen miteinander, so kommt man zu folgendem Schluss: Es hängt von der Funktion ab, ob die Untersumme auch wirklich unter dem genauen Integral liegt! Gleiches gilt auch für die Obersumme.

Ist die Funktion im Intervall fallend, so ist das Ergebnis der Untersumme größer und das Ergebnis der Obersumme kleiner als das genaue Integral:

Ist die Funktion hingegen im Intervall monoton steigend, so ist das Ergebnis der Unter­summe auch tatsächlich kleiner und das Ergebnis der Obersumme größer als das genaue Integral!


Textfeld: Abb. 8
Ober- und Untersumme bei monoton steigendem Graphen

Beispiel hierfür: Integriert man die Funktion im Intervall mit , so erhält man bei der Untersumme das Ergebnis und für die Obersumme . Das genaue Integral lautet .

Abweichung vom genauen Integral. Vergleicht man die Ergebnisse mit dem genauen In­tegral (), so stellt man fest, dass die Untersumme um 0,034074 oder ungef. 3,1% abweicht. Die Obersumme weicht um 0,032593 oder ungef. 3,06% ab. Hierbei fällt auf, dass die Rechteckregel selbst bei vielen Rechtecken und einem relativ kleinen Intervall sehr ungenau ist!

 

Keplersche Fassregel. In der Literatur wird behauptet, dass die Keplersche Fassregel nur für ganzrationale Funktionen bis zum 3. Grad exakte Integrale liefert.34 Dies soll nun anhand von mehreren Funktionen gezeigt werden.

Integriert man die ganzrationale Funktion im Intervall , so erhält man bei der Keplerschen Fassregel folgendes Ergebnis:

Integriert man die ganzrationale Funktion im Intervall , so erhält man bei der Keplerschen Fassregel folgendes Ergebnis:

Integriert man die gebrochen-rationale Funktion im Intervall , so erhält man bei der Keplerschen Fassregel folgendes Ergebnis:

Wie hier gezeigt wurde, trifft die Behauptung zu, dass die Keplersche Fassregel bei ganzrationalen Funktionen bis höchstens 3. Grades exakte Integrale liefert.

Wendet man die Keplersche Fassregel und das Rechteckverfahren zum integrieren der Funktion an, so erkennt man, dass die Keplersche Fassregel auch bei gebrochen-rationalen Funktionen um einiges genauer ist als das Rechteckverfahren. Bei dieser Funktion hat die Keplersche Fassregel nur eine Abweichung von 1,12%, während das Rechteckverfahren eine Abweichung von ungef. 3% aufweißt.

 

4.1. Trapezregel, Mittentangentenregel und Simpsonregel

Unter Punkt 3.3.3 wurden die Verfahren bereits anhand einer Funktion verglichen, um die Simpsonische Regel herzuleiten. Daher soll hier auf einen nochmaligen Vergleich verzichtet werden und stattdessen Gründe für diese Ungenauigkeiten gesucht werden.

Die Ergebnisse des Vergleichs wahren folgende: Das berechnete Integral der Trapezregel liegt über der tatsächlichen Fläche und das Integral der Mittentangentenregel unter dieser. Das Integral der Simpsonischen Regel liegt genau dazwischen.

Trapezregel. Wie gezeigt, ist das durch die Trapezregel berechnete Integral größer ist als die tatsächliche Fläche. Warum ist das so? Schaut man sich die nebenstehende Abbildung an, so findet man eine simple Erklärung dafür: In die Berechnung fließt nicht nur die Fläche des Trapezes oberhalb der x-Achse ein, sondern auch die Fläche unterhalb der x-Achse! Durch diese Tatsache wird die berechnete Fläche größer als die Tatsächliche.

Gibt es Möglichkeiten, um diese Ungenauigkeit zu korrigieren? Genau genommen hat man nur eine Möglichkeit, die Sinnvoll ist und die gleichzeitig auch naheliegend ist: Man erhöht die Anzahl der Trapeze, die man für die Berechnung der Fläche benutzt. Wenn man z. B. die Anzahl der Trapeze auf 20 erhöht, so erhält man als Integralwert das Ergebnis:

Vergleicht man jetzt diesen Integralwert mit dem genauen Integral, so erhält man nur noch eine Abweichung von 0,00074 oder 0,07%. Zum Vergleich soll jetzt auch die Anzahl der Tra­peze der Mittentangentenregel erhöht werden:

Auch hier ist die Abweichung vom wirklichen Integralwert nur noch 0,00147 oder 0,13%. Wie man hier gut sehen kann, verringert sich die Ungenauigkeit, je mehr Trapeze man benutzt. Und zwar hat sich die Genauigkeit um 25,08% bei der Trapezregel und um 25,54% bei der Mittentangentenregel verbessert. Um jetzt eine allgemeingültige Aussage zu erhalten, soll jetzt noch überprüft werden, ob sich die Genauigkeit bei der Simpsonischen Regel ebenfalls um ungef. 25% verbessert:

Hier ist ebenfalls nur noch eine Abweichung von 0,0002% oder um 0,000002 zu messen. Je­doch ist hier ein Unterschied zu bemerken. Die Genauigkeit hat sich nur noch um 2,3% ver­bessert. Dies rührt hier allerdings daher, das die Simpsonische Regel schon bei sehr genau ist. Wie unter Punkt 3.3.3 bereits gezeigt wurde, beträgt die Abweichung vom richtigen Integralwert nicht mal mehr 0,01%!

Zusammengefasst kann man also sagen, dass die Simpsonische Regel schon bei relativ weni­gen Parabelstücken sehr genau ist. Bei den anderen Integrationsverfahren benötigt man i.d.R. die doppelte Flächenanzahl, um auf eine annähernd geringe Abweichung zu gelangen.

Textfeld: Bei der Funktion f(x)=1/x; D=R\{0} beträgt die Abweichung bei
          nur 0,008%, bei
          beträgt sie 0,27%, bei
          beträgt sie 0,07% und bei
          beträgt sie 0,13%
vom genauen Integral.

Betrachtet man nun den Aufwand, den man hat, so merkt man, dass es bei sehr Aufwendig ist, den Integralwert zu berechnen. Wendet man nun die Verfahren an, ohne dabei auf andere Integrationsverfahren zurückzugreifen, so ist man handschriftlich sehr lange damit beschäftig, das Integral auszurechnen. Kennt man aber z. B. den Wert von oder , so kann man schnell das Integral für erhalten (siehe Punkt 3.2 - Zusammenhang von Rechteckregel und Trapezregel). Daher bietet es sich an, diese Näherungswerte mit Hilfe von Com­puterprogrammen, wie z. B. Excel zu berechnen.

Warum ist die Simpsonische Regel so genau?

Diese Frage lässt sich leicht beantworten: Vergleicht man die Simpsonische Regel mit der Keplerschen Fassregel (3.4.2), so erkennt man, das die Flächen bei der Simpsonischen Regel genau so wie bei der Keplerschen Fassregel berechnet werden. Nämlich mit Parabelstücken!


33 Vgl. Kusch Mathematik - Integralrechnung, 6. Auflage, Cornelsen Verlag Berlin 2000 Seite 198
34 Vgl. F. Reinhard/H. Soeder, dtv-Atlas zur Mathematik Band 2, 6. Auflage, Deutscher Taschenbuchverlag GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 340

 
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